Leserbrief von Nationalrätin Martina Munz – Niemand will Versicherungsbetrüger schützen. Missbrauch muss verfolgt und bekämpft werden. Das neue Gesetz zur Überwachung von Sozialversicherten sollte die nötigen rechtlichen Grundlagen dazu liefern. Nur, wie all zu oft, hat sich Bundesbern von den Lobbyisten verführen lassen und ein Gesetz verabschiedet, das den Versicherungen mehr Kompetenzen verschafft, als der Polizei zustehen. Man stelle sich vor: Wenn die Polizei mögliche Verbrecher observieren möchte, muss sie eine richterliche Genehmigung beantragen. Die Gründe müssen stichhaltig und verhältnismässig sein. Wenn aber eine Sozialversicherung einen Missbrauch vermutet, darf sie die versicherte Person ohne Genehmigung bis in private Räume hinein überwachen. Auch das darf die Polizei selbst bei Schwerverbrecher nicht. Mögliche Terroristen sind besser geschützt als Sozialversicherte. Dieser Eingriff in die Persönlichkeitsrechte dürfen wir nicht hinnehmen. Treffen kann es jede und jeden von uns, wir alle sind sozialversichert. Die NZZ titelte kürzlich «Die Leine für Versicherungsdetektive ist zu lang». Die liberale Zeitung empfiehlt die Ablehnung des Gesetzes, weil es in mehreren Punkten der Verfassung widerspricht und uns alle unter Generalverdacht stellt. Wie kommt es aber zu einem solch missratenen Gesetz? Die Versicherungen möchten ein möglichst lasches Gesetz, das ihnen freie Hand lässt und haben es schliesslich bekommen. Die vorberatende Kommission hatte im letzten Januar das Gesetz praktisch fertig beraten. Der Observationsartikel war korrekt formuliert, die Rechtsstaatlichkeit gewahrt. Niemand hätte dagegen das Referendum ergriffen. Doch die Versicherungslobby war mit dem vorgesehenen Gesetz unzufrieden und hat die Muskeln spielen lassen. Das Parlament passte den Artikel an, der nun der Versicherungsbranche mehr Rechte als der Polizei einräumt. Das ist eines Rechtsstaates unwürdig. Mit einem Nein am 25. November 2018 bekommt das Parlament die Chance, seine Arbeit richtig zu machen.
Martina Munz, Nationalrätin