Hallau, 30. September 2018, Martina Munz, Nationalrätin
Eine SP-Frau ist Präsidentin des Europarates! Das hat die Öffentlichkeit kaum wahrgenommen.Die Genfer Ständerätin Liliane Maury Pasquier spricht in einer eindrücklichen Rede zur Vereinigten Bundesversammlung: «Der Europarat ist ein grossartiges Friedenswerk.» Sie streicht die Bedeutung der Menschenrechte hervor für die der Europarat heute steht. Der Institution ist nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden, um die Völker vor Willkür zu schützen. In ihrer geistreichen Rede warnte sie vor den Gefahren der «Selbstbestimmungsinitiative », über die wir in zwei Monaten abstimmen, und die mit den Menschenrechten brechen will. Ein lesenswerter Beitrag, den ich allen ans Herz legen möchte! Rede
Ist Cornelia Stamm Hurter Regierungsrätin oder SVP Politikerin?
Kurz vor den Sessionen treffen sich jeweils die Schaffhauser Mitglieder des Bundesparlamentes mit der Gesamtregierung. Die Finanzdirektorin hatte für diese Session eine wichtige Botschaft: Der Steuer-AHV-Deal muss gelingen, die Wirtschaft braucht Rechtssicherheit! Umso erstaunlicher war der abenteuerliche Salto der Regierungsrätin, die plötzlich auf die geänderte Parteilinie umgeschwenkt ist. Die SVP, in der Mange der Hochfinanzlobby, stellte im Nationalrat einen Rückweisungsantrag, mit einem Wunschprogramm, das die damalige USR III überflügelt und auf sozialen Ausgleich verzichtet hätte. Ein klarer Versuch den Deal zu torpedieren, obwohl die Verzögerung der Steuervorlage fatale Folgen hätte. Werden die Steuerprivilegien bis nächstes Frühjahr nicht abgeschafft, so landet die Schweiz auf der Schwarzen Liste des Finanzmarktes! Für Schaffhausen der absolute Gau. Offenbar will unsere Finanzdirektorin nicht zur halben SVP Regierungsrätin degradiert werden. Dies ist mit Ueli Maurer durch die «Weltwoche» geschehen, weil er den Steuerdeal mit Engagement verteidigt hat. Der Spagat zwischen Regierungsamt und SVP Politik muss Stamm Hurter noch üben.
Die Männer sind das Problem
Häusliche Gewalt und Stalking sind auch bei uns ein ernsthafte Probleme. Die Polizei registriert pro Jahr fast 20‘000 Tätlichkeiten im häuslichen Bereich, 19 Menschen starben 2016 an den Folgen häuslicher Gewalt. Dazu kommen 52 versuchte Tötungen. Opfer von häuslicher Gewalt und Stalking müssen besser geschützt werden, dazu gehören beispielsweise die Durchsetzung von Rayonverbot mit elektronischen Fussfesseln. Es ist unserer Justizministerin zu verdanken, dass sie solche Anliegen mit Engagement anpackt und nicht auf die lange Bank schiebt. Im Ständerat vermochte die Vorlage ohne Gegenstimme zu überzeugen. Im Nationalrat wollte die Partei, die sonst gegen Kuscheljustiz antritt, nichts von Opferschutz wissen. Die SVP wollte, wie so oft, unbedingt ein Ausländerproblem daraus machen. Simonetta Sommaruga, gab sachlich Auskunft und meinte, dass bei häuslicher Gewalt Schweizer stärker vertreten seien als die Ausländer. Trotzdem wurde ihr die gleiche Frage drei Mal wieder gestellt. «Ist es ein Ausländerproblem?» Darauf konterte sie: «Wir wollen, dass die Täter bestraft und die Opfer geschützt werden. Aber wenn Sie das Problem unbedingt bezeichnen wollen, dann ist es ein Männerproblem!» 95 Prozent der Täter sind Männer!
Die Armee schiesst übers Ziel hinaus!
Der Armee kann der Rotstift nichts anhaben. Alle 100‘000 Armeeangehörigen sollen neu eine schwere Schutzausrüstungen erhalten. Das für 199 Millionen Franken. Es gibt berechtigte Zweifel, ob diese für die ganze Truppe vom Koch bis zum Informatiker gebraucht werden. Der Ständerat halbierte vernünftigerweise diesen Kredit. Nicht einmal das Polizeicorps hat für alle Polizeiangestellten eine Schutzausrüstung. Dennoch stimmte der bürgerlich dominierte Nationalrat dem Kredit zu. Schutz muss nämlich sein, auch wenn nur hypothetisch! Wird Geld nicht ausgegeben, Munition nicht verschossen und Benzin nicht verfahren, so drohen Budgetkürzungen. Darum verbringen WK-Soldaten ihre Zeit damit, Berghänge zu beschiessen und ohne Ziel durch die Gegend zu fahren. Ich sehe schon den Tag kommen, an dem wir das fünf Milliarden Militärbudgets aufstocken müssen, um die verstaubten und veralteten Westen teuer zu entsorgen, ohne sie jemals ernsthaft gebraucht zu haben.
Dem zahnlosen Büseli werden auch noch die Krallen geschnitten
Nach 37 Jahren Gleichstellungsartikel in der Bundesverfassung erhalten die Frauen noch immer nicht den gleichen Lohn wie ihre männlichen Kollegen. Der Unterschied ist erheblich, 7.4 Prozent, das entspricht einem 13. Monatslohn! Das Minireförmchen des Gleichstellungsgesetzes sieht eine Lohnanalyse für Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitenden vor. Aufwand: ein Arbeitstag alle vier Jahre. Keine Sanktionen, keine schwarze Liste, kein Klagerecht für Betroffene! Und trotzdem ist die Vorlage dem Parlament nicht genehm. Der Ständerat tritt erst nach Protesten der Öffentlichkeit darauf ein, verwässert sie aber. Der Nationalrat schwächt das Gesetz nochmals ab. Lohnanalysen müssen statt mit 50 erst mit 100 Vollzeitstellen erstellt werden. Das sind weit weniger als ein Prozent der Betriebe! Sogar eine «Sunsetklausel » wird eingebaut, nach 12 Jahren wird das Gesetz automatisch ausser Kraft gesetzt unabhängig vom Erfolg. Ein wahres Armutszeugnis für das Parlament. In der SP entflammte kurz darauf eine Diskussion, ob einem solchen Gesetz noch zugestimmt werden kann. Wir packen den Strohhalm, er ist besser als nichts! Es ist aber beschämend, dass nach 37 Jahren Gleichstellungsartikel die Politik nicht bereit ist den Frauen zu ihrem Recht zu verhelfen. Der Frauenstreik wird kommen, denn ohne geht es wohl nicht.
Tierquälereien rasch angehen
Tierschutzkontrollen müssen effizienter werden. Meine Motion war erfolgreich und wurde von beiden Räten angenommen. Einen Fall wie Hefenhofen, wo viele Pferde über Jahre unter misslichsten Verhältnissen gehalten und gequält wurden, darf es nicht mehr geben. Obwohl die Missstände jahrelang bekannt waren, handelten die Behörden nicht. Das darf nicht mehr passieren. Problembetriebe müssen häufiger kontrolliert und Tierschutzmassnahmen konsequent durchgesetzt werden. Hingegen sollen vorbildliche Tierhalterinnen und Tierhalter von Alibi-Tierhaltungskontrollen verschont bleiben. Meine Motion ermöglicht mit dem gleichen Aufwand eine bessere Durchsetzung der Tierschutznormen zugunsten des Tierwohls. Das haben meine Kolleginnen und Kollegen erkannt und zugestimmt.
Bussen von Steuern abziehen: Gefährdung Finanzplatz wird belohnt
Das Bundesgericht hat entschieden: Bussen für illegale Handlungen dürfen nicht von den Steuern abgesetzt werden. Eigentlich logisch! Welcher Staat würde strafbare Handlungen denn belohnen? Die Schweiz. Der Bundesrat wollte diesen Entscheid im Gesetz festhalten,doch der Nationalrat wusste das zu verhindern. Schweizer Finanzinstitute müssten vor Willkür geschützt werden, hiess es. Die Bussen für illegale Geschäfte seien im Ausland unverhältnismässig hoch und sollten deshalb abzugsfähig sein. Hintergrund sind die hohen Strafen für Beihilfenschaft zur Steuerhinterziehung von Schweizer Banken im Ausland. Sie haben für ihr rechtswidriges Verhalten Millionenbussen aufgebrummt bekommen. Und das zurecht. Es scheint, als habe die bürgerliche Mehrheit nichts aus der Finanzkrise gelernt. Nun gilt, je grösser die kriminelle Energie, desto höher der Steuerabzug! Ueli Maurer warnte vor internationalen Problemen, die nationalrätliche Regelung sei nicht praktikabel. Die Lobbyisten der Finanzwelt wollten aber nicht hören. Dass so der öffentlichen Hand Gelder entgehen, die wir dann schmerzlich wieder einsparen müssen, interessiert sie offenbar nicht.
Ein explosives Thema entmachtet den Bundesrat
Die Rüstungsindustrie der Schweiz serbelt vor sich hin. Grund genug für den Bundesrat, die Ausfuhrbestimmungen von Waffen in Länder mit Bürgerkriegen zu lockern. Dieser Alleingang löste eine dringliche Debatte aus. Die rechte Seite warnte vor den Armeeabschaffern und befürchtet den Niedergang der heimischen Rüstungsindustrie. Auf der anderen Ratsseite wurde der Export von Frieden gefordert. Eigentlich müssten die Exportbestimmungen verschärft werden, denn schon heute gelangen Schweizer Handgranaten in die Hände von ISKämpfern, wie Medienberichte eindrücklich zeigten. Wegen den lauten Protesten der Bevölkerung entzog der Nationalrat schliesslich dem Bundesrat die Macht. In Zukunft soll das Parlament über die Rüstungsexporte entscheiden. Daraufhin meinte Bundesrat Schneider Ammann mit seinem trockenem Humor: «Sie müssen es nur noch drei Monate mit mir aushalten und ich mit Ihnen auch!» Allerdings stimmt mich der Entscheid nicht sonderlich zuversichtlich. Die Rüstungsindustrie ist im Parlament sehr gut vernetzt und übt starken Druck aus. Der Entscheid könnte sich deshalb auch zum Bumerang entwickeln.
Hallau, 30. September 2018, Martina Munz, Nationalrätin/ www.martinamunz.ch