Der Preis für das Vollgeld-Experiment ist zu hoch

Von Susanne Leutenegger Oberholzer – Die Vollgeld-Initiative fordert eine komplette Umgestaltung der heutigen Geld- und Finanzmarktordnung der Schweiz. Den Geschäftsbanken wird die Schöpfung von «Buchgeld» untersagt. Einzig die Nationalbank (SNB) hätte noch die Kompetenz, Geld in Form von Münzen, Banknoten und eben Buchgeld zu schaffen. Die SP Schweiz sagt Nein zu diesem Experiment mit ungewissem Ausgang.

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) soll nach den Vorstellungen der Initiative inskünftig die gesamte Geldmenge der Schweiz ganz allein bestimmen: Das Buchgeld genauso wie Münzen und Noten als gesetzliches Zahlungsmittel werden allein durch den Bund geschaffen, so wird es in der Verfassung (Art. 99 neu) präzisiert. Die Nationalbank bringt (Art. 99a) neues Geld schuldfrei in Umlauf, indem sie es an Bund, Kantone oder gar direkt den Bürgerinnen und Bürgern zuteilt. Mit Annahme der Initiative müsste die Schweiz somit das über Jahrzehnte eingespielte Geldsystem im Alleingang radikal innert zwei, bestenfalls drei Jahren (so die Übergangsbestimmungen) auf den Kopf stellen. Sie wäre damit praktisch das einzig wirtschaftlich bedeutende Land der Welt, das die Geldschöpfung ausschliesslich auf die Nationalbank beschränkt.

Mehr Unsicherheit statt mehr Sicherheit

Sowohl die Vollgeld-Initiantinnen wie auch die SP wollen ein stabiles Finanz- und Währungssystem. An dieser hehren Zielsetzung der Initiative ist nichts zu kritisieren. Doch anders als die Initiative setzt die SP dabei auf erprobte Instrumente. Dazu gehören insbesondere eine hohe Eigenmittelquote («Leverage Ratio») für systemrelevante Banken. Nötig sind aus historischer Erfahrung 10 oder noch besser 20 Prozent nicht risikogewichtetes Eigenkapital. Zudem müssen alle spekulativen Anreize abgeschafft werden, wie insbesondere die Lohnexzesse (z.B. überhöhte Boni) der Bankmanager und insbesondere bei Banken mit einer direkten oder indirekten Staatsgarantie. Nötig sind zudem eine wirksame Finanzmarktregulierung und eine starke Finanzmarktaufsicht. Ausgebaut werden muss auch die Einlagesicherung. 6 Milliarden Franken sind nicht genug.

All diese Vorschläge haben wir längst auch im politischen Prozess deponiert. Anders die Initiative. Sie setzt auf einen völligen Umbau des Systems und bringt damit unwägbare Risiken mit sich. Wird die Buchgeldschaffung in der Schweiz durch die Banken verboten, lädt das geradezu zu Ausweichmanövern ins Ausland oder auch auf andere Finanzierungsinstrumente ein. Zudem wird die Kreditversorgung ins Belieben der Nationalbank gestellt. Eine Kreditverknappung und Verteuerung ist zu befürchten.

Alle Macht der Nationalbank

Besonders kritisch zu beurteilen ist bei der Vollgeld-Initiative, dass sie der Nationalbank noch mehr Macht als heute gibt. Sie würde damit über ihre Geldpolitik noch stärker über die Wirtschaftspolitik unseres Landes bestimmen. Und das ohne eine weitergehende demokratische Kontrolle über die SNB, denn diese ist im umfangreichen Initiativtext nicht vorgesehen. Welche Konsequenzen das für die Arbeitsplätze in der Schweiz haben kann, wissen wir seit der willkürlichen Freigabe des Mindestkurses des Euros zum Franken im Januar 2015 durch die SNB. Das hat der Schweiz einen massiven Wachstumsverlust beschert und Zehntausende von Arbeitsplätzen gekostet. Gleichzeitig würde die Nationalbank aufgrund ihrer Machtfülle zum Gegenstand politischer Ränkespiele.

Ein derartiger radikaler Systemwechsel wäre weltweit einmalig. Das macht die Initiative zu einem Experiment mit ungewissem Ausgang. Die Initiative würde die Instabilität der Finanzmärkte nicht beseitigen und künftige Finanzkrisen auch nicht verhindern. Der Preis für ein solches Experiment ist schlicht zu hoch. Deshalb haben sowohl die klare Mehrheit der SP-Mitglieder im Parlament als auch die Delegiertenversammlung der SP Schweiz die Initiative klar abgelehnt.

Quelle: SP Schweiz

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