Frühlingssession 2017 des Nationalrats 

 

Von Martina Munz – Aus dieser Session habe ich Erfreuliches zu berichten. Wichtige Abstimmungen sind für uns positiv verlaufen. Nach der überladenen USR III-Vorlage scheinen sich die Kräfte in der politischen Mitte ihrer Verantwortung wieder bewusster zu werden.

Altersvorsorge: Nichts ist teurer als scheitern 

“Behalten Sie die realpolitischen Wellen im Auge und nicht den ideologischen Schaum”. Dies die mahnenden Worte von Alain Berset, von ihm frei aus dem Französischen übersetzt. Das nationalrätliche und das ständerätliche Konzept standen einander lange unversöhnlich gegenüber. Das harte Ringen in der Einigungskonferenz hat sich gelohnt. Entstanden ist ein echter Kompromiss mit höherer AHV gemäss Ständerat und Finanzierungskonzept ge-mäss Nationalrat. Bei der Schlussdebatte wurde das Zittern im Nationalratssaal förmlich spürbar. Noch nie habe ich den Rat so konzentriert erlebt, das gesamte Plenum war anwe-send und mucksmäuschen still. Jedes Wort wurde auf die goldene Waage gelegt. Beim nun geschmiedeten Kompromiss müssen alle Parteien die ihr eigenen Kröten schlucken. Doch die FDP schürt bereits Finanzierungsängste, obschon die AHV noch kerngesund ist. Die SVP verteidigt ihr Nein mit dem Argument, die AHV müsste für alle erhöht werden. „Herr Am-stutz: wenn Sie sich jetzt für die bisherigen Rentnerinnen und Rentner einsetzen, dann sagen Sie, dass Sie nicht zugestimmt haben, als die SP genau diesen Antrag stellte.“ Alle Reformvorhaben der letzten Jahre sind gescheitert. Das durfte dieses Mal nicht passieren, es ging auch um die Glaubwürdigkeit des Parlaments. Dann Aufatmen im Saal, die Anzei-gentafel zeigt 101 Ja-Stimmen. Das qualifizierte Mehr war erreicht. Nur eine Stimme we-niger und die Vorlage wäre versenkt gewesen. Wer hätte gedacht, dass wir je einmal so dankbar sein würden um die zwei Lega-Stimmen aus dem Tessin!

Noch geistert sie herum – die Klimalüge 

Das Pariser Abkommen steht für einen weltweiten Durchbruch in der Klimapolitik. Unser Parlament muss zu dessen Ratifizierung den Segen geben. Der Temperaturanstieg soll auf deutlich unter zwei Grad begrenzt werden. Doris Leuthard hat hart dafür gekämpft: „196 Staaten haben gesagt: Wir leisten unseren Beitrag; wir übernehmen Verantwortung.” Die Schweiz hat als erstes Land ein 50-Prozent-Ziel bekannt gegeben. Die grossen Emittenten wie China und Indien sind ebenfalls im Boot. Allen ist bewusst, Nichtstun ist noch viel teurer. Nur die SVP wollte von allem nichts wissen. „Frau Bundesrätin, Sie haben vorhin den Hitzesommer 2015 erwähnt. Wo um Himmels Willen nehmen Sie die Fakten her? Die-ser Hitzesommer hat nichts, aber auch gar nichts mit der sogenannten Klimaerwärmung zu tun!“ Zum Glück hat dann doch die Vernunft gesiegt. Mit einem Nein zum Klimaabkom-men wäre die Schweiz wortbrüchig geworden. Donald Trump hätte sich bestimmt gefreut!

Casinos als Wohltäter der Nation? 

Was steht auf der Traktandenliste, wenn Ex-Diplomat Thomas Borer in der Wandelhalle für ausländische Geldspielanbieter weibelt? Das Geldspielgesetz! Legale Anbieter brauchen eine Konzession. Sie werden kontrolliert und liefern einen Teil ihres Gewinnes ab zugunsten von AHV, IV und der Lotteriefonds der Kantone zur Förderung von Kultur und Sportanläs-sen. Die verlangte Netzsperre für illegale Glücksspiele liess Emotionen hochkochen. „Zen-sur! Nordkoreanische Verhältnisse!“ Für einmal war sich die äusserste Linke mit der äus-sersten Rechten einig: Netzsperren sind für sie des Teufels und gefährden den freien Markt. Aber eine Lösung, wie legale von illegalen Online-Spielen unterschieden werden könnten, hatten sie nicht. Der Begriff „Netzsperre“ ist vielleicht etwas hoch gegriffen. Passender wäre „Warnhinweis“. Die Netzsperre ist keine Zensur und kann auf jeder Webseite einfach umgangen werden. Dahinter könnten aber Betrüger lauern. Niemand muss sich deshalb wundern, wenn der allfällige Gewinn aus dem Geldspiel nicht an die richtige Adresse ge-langt. Letztlich ging es aber um die Bekämpfung von Geldwäscherei und Spielsucht, um die sich ausländische Anbieter keinen Deut scheren. Nach hitzigen Voten und viel Lobbying wurde ein knapper Entscheid erwartet. Aber siehe da, die Pokerfaces der Gegner täuschten tatsächlich! Mit 135 zu 45 Stimmen hat sich die Netzsperre deutlich durchgesetzt. Hallau, 19. März 2017, Martina Munz, Nationalrätin / www.martinamunz.ch 2/2

Service-Public: Debatte um Profit für Private auf Kosten der SRG 

Die Funktion der Medien als Vierte Gewalt ist in Bedrängnis. Der gute Journalismus kommt immer mehr unter Druck. In despotisch geführten Ländern wird die Meinungsfreiheit be-schnitten, jüngstes Beispiel die Türkei. In anderen Ländern versuchen milliardenschwere Private, die Medien- und Meinungsherrschaft zu übernehmen. Das ist auch für die Schweiz ein Thema. Qualität misst sich heute anhand der Anzahl Klicks und nicht anhand der Qua-lität von Recherchen. In diesem Umfeld haben wir eine engagierte Service-Public-Debatte geführt. Es wurde versucht die SRG zugunsten privater Anbieter zu schwächen statt sie zu stärken als Voraussetzung für unsere Demokratie. Trotz Finanzierung der SRG über Emp-fangsgebühren wurde der SRG schliesslich attestiert, ihre Sendungen seien staatsunab-hängig und sie würde dem Informationsauftrag nachkommen. Als Wortführerin gegen öf-fentlichen Medien tat sich Natalie Rickli hervor. Sie arbeitet für die Goldbach Media, die auch Werbefenster für ausländische Sender verkauft. Dank einem knappen Entscheid wird das Parlament auch in Zukunft nicht über die Vergabe der SRG-Konzession debattieren müssen. Damit wurde verhindert, dass die SRG politisch gesteuert und verpolitisiert wird.

Landwirtschaft bleibt gentechfrei 

Der Ständerat hat das vierjährige Gentechmoratorium bestätigt und will auch keine Koexis-tenz-Regelung für ein Nebeneinander von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) und gentechfreiem Anbau. Obwohl das Moratorium einzig den landwirtschaftlichen Anbau betrifft – Handel und Forschung sind frei – haben die Gegner mit absurden Argumenten gekämpft. Das Moratorium sei ein Eingriff in die Handelsfreiheit und gefährde die Möglich-keiten der Forschung. Auch der Welthunger wurde als Argument bemüht, obschon genau der Gentech-Anbau Teil des Hungerproblems ist. Gentechanbau treibt die Bauern weltweit in die Abhängigkeit von Grosskonzernen wie Syngenta und Monsanto. Wer den Welthunger bekämpfen will muss die ökologische, örtlich angepasste Landwirtschaft der Kleinbauern unterstützen und nicht die industrielle Agrar-Grossindustrie. Die Schweizer Landwirtschaft will genau aus diesen Qualitätsgründen gentechfrei bleiben. Dazu ein erfreuliches Votum von Ständerat Hannes Germann: „Die Unschuld kann man nur einmal verlieren. So ist es auch bei einer Zulassung von Gentech! Die Schweiz bringt man nie wieder sauber!“

Auch das gibt es: Schweizer Subventionen für französischen Atomstrom 

„Haben Sie gewusst, dass Sie mit Ihrem Stromkonsum indirekt ausländische Atomkraft-werke subventionieren?“, fragte Beat Jans. Langfristverträge von Axpo und Co. ermögli-chen aus Frankreich vergünstige Importe in der Grössenordnung von vier AKW. Der Nati-onalrat wollte dieses Privileg nicht abschaffen, obschon es für die Verhandlungen über das EU-Stromabkommen hinderlich ist. Damit wird französischer Atomstrom um 20 Prozent vergünstigt. Erstaunlicherweise stimmten jene den Atomsubventionen zu, die bei jeder Gelegenheit schreien, die Förderung der Erneuerbaren sei eine Marktverzerrung, schaffe Fehlanreize.

Strickende Männer im Bundeshaus stören die göttliche Ordnung 

„Wir sind noch lange nicht am Ziel!“ Die Stimmung an der Vorpremiere des Kinofilms „die Göttliche Ordnung“ in Bern war kämpferisch, der Film ein Highlight. Bundesrat Berset rich-tete passende Worte ans Publikum: „Die Frauen im Film mussten am Herd stehen, aber einen Herd kaufen durften sie damals nicht“. Mutige Vorkämpferinnen der Frauenrechte haben den Weg geebnet. An diesem Abend haben sie uns in grosser Zahl Mut für den weiteren Kampf zugesprochen. Frauen leisten die meiste unentgeltliche Betreuungsarbeit. Auf der Teppichetage sind sie noch nimmer rar. Für echte Gleichstellung fehlt es vor allem auch an zahlbaren Tagesstrukturen und Elternurlaub. Die geforderten minimalen Anpas-sungen im Aktienrecht sind vermutlich chancenlos. Frauen auf der ganzen Welt spüren den Backslash! Das Trump‘sche Amerika ist leider kein Hoffnungsschimmer für die Frauen. In Russland ist häusliche Gewalt nur bei Einlieferung des Opfers ins Spital strafbar. Am Frau-entag war die Wandelhalle geprägt von rosaroten Pussy-Hats und einem fröhlichen Strick-In mit reger Männerbeteiligung! Der Film die “Göttliche Ordnung“ ist sehenswert und macht Mut. Die überwältigende Beteiligung von über 10‘000 Personen am Frauenmarsch in Zürich zeigt, dass wir noch lange nicht am Ziel sind.

Mehr zur politischen Arbeit und zu meinen Vorstössen: www.martinamunz.ch

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