Hallau, 18.12.2016, Martina Munz, Nationalrätin
www.martinamunz.ch 1/2 Wintersession 2016 des Nationalrats
Verfassungsbruch, Auftragsverweigerung – wie oft mussten wir das hören! Bis zur Schluss-abstimmung wurde der Nationalratssaal für die MEI-Politshow genutzt. Es fielen auch harte Worte. Köppel wetterte gegen FDP und SP als „eine Elite, die nicht mehr an die Leute denkt, denen sie dienen soll, sondern nur noch an sich selbst.“ Er selber war bei der entscheiden-den Abstimmung abwesend, in Hollywood an einer Geburtstagsfeier. FDP-Präsidentin Petra Gössi warf CVP Präsident Pfister öffentlich „Verarschung des Souveräns“ vor und Verrat an den Bilateralen. Die CVP verharrte auf ihrer Lösung, die keine war. Gerne hätte sie sich als Vermittlerin positioniert. Tatsächlich schwammen ihr alle Felle davon. Das Parlament musste im Interesse des Landes eine Gesamtabwägung vornehmen. Bilaterale erhalten und Kontingente fordern passt nicht zusammen. Einseitige Verträge gibt es nicht, man heiratet auch nicht unilateral. CVP und SVP schalteten auf stur. Alle anderen feilten an einer mehrheitsfähigen Lösung. Die SP hätte gerne mehr für die älteren Arbeitnehmenden herausgeholt, reichte dazu dann aber ein Dutzend Vorstösse ein. Die SVP könnte noch das Referendum ergreifen. Dann aber wäre ihr Thema nach drei Monaten vom Tisch. Die AUNS startet deshalb eine Initiative zur Kündigung des Freizügigkeitsabkommens. Eine Überrum-pelung der SVP von rechts? Nein, die hocken alle im gleichen Boot und wollen nur ihr Thema bis zu den nächsten Wahlen heiss köcheln lassen. Das riecht doch heftig angebrannt – und uns stinkt‘s langsam. Oder nicht?
Kürzungen beim Personal, verschont bleiben Armee und Bauern
Innerhalb der nächsten vier Jahre will der Bund jährlich rund eine Milliarde Franken zur Stabilisierung der Finanzen einsparen. In den letzten zehn Jahren sind 20 Milliarden Fran-ken Überschuss erzielt worden, davon rund 5 Milliarden allein in den letzten zwei Jahren. So schlecht geht es unserem Staat also nicht! Dennoch wird der Staatshaushalt in düsters-ten Farben gemalt. Gründe für das Sparprogramm sind vor allem Mehrausgaben der Ar-mee, für den Strassenverkehr, wegen steigender Asylkosten und als Folge von immer wie-der neuen Steuerprivilegien, die uns die Ratsmehrheit beschert. Gekürzt wurde bei der Kultur, der Prämienverbilligung für Krankenkassen sowie beim Personal. Einzig die Bauern blieben verschont. Ihre Vertreter wetterten vehement gegen die Bundesangestellten, obschon ihre Bauern rund die Hälfte ihres Zahltags vom Bund erhalten. Die Mahnung von Finanzminister Maurer, es seien bereits acht Sparrunden über das Personal hinweggefegt, half nichts. Einzig bei der Bildung gelang es uns einen Teil der Kürzung für die Ausbildung eigener Fachkräfte und für Studienplätze in der Medizin abzuwenden. Das Staunen war gross, als später eine unheilige Rechts-Links-Allianz das Budget im ersten Anlauf ablehnte. Die rechte Ratsseite hatte fast alle Kürzungsanträge durchgebracht und verschonte erst im Nachgang ihren eigenen Finanzminister vor einem Notbudget. Das Resultat sind Einspa-rungen von 50 Mio. beim Bundespersonal und knapp 78 Mio. für externe Dienstleistungen und Informatik. Diese Sparrunde führt zum Verlust von rund 370 Vollzeitstellen beim Bund. Kündigungen werden schon anfangs Jahr erwartet!
Profiteure von USR III retten ungewollt den Entwicklungskredit
Kürzungen bei der Entwicklungszusammenarbeit hätten rund einen Drittel des Sparpro-gramms tragen sollen. Soweit kam es nicht. Wir durften uns über einen Abstimmungserfolg freuen. Offenbar fanden es diverse USR III-Profiteure wichtiger, an ihrer Medienkonferenz dabei zu sein, statt im Ratssaal abzustimmen. Kurz danach entbrannte unter der Pressetribüne ein heftiger Streit auf der Verliererseite. Eine Wiederholung der Abstimmung wurde verlangt. Wir wären in einer Bananenrepublik, würde selbstverschuldetes Fernbleiben ein Rückkommen rechtfertigen. Aeschi dazu: „Es wäre ein Leichtes gewesen hier zu sparen ohne dass es weh tut.“ Wir sehen das anders. Entwicklungszusammenarbeit heisst nicht Wohltätigkeit oder Almosen zu verteilen. Nur durch Stärkung der sozioökonomischen Bedingungen ermöglichen wir Menschen in ihren Ursprungsländern eine solide Lebensgrund-lage. Davon profitieren wir alle.
Gemeinsam mit Bauern für eine Qualitätsstrategie
Für einmal kämpfte die SP auf der gleichen Seite wie der Bauernverband. Nach dem Volks-entscheid 2005 wurde das Moratorium für eine gentechfreie Schweiz zum dritten Mal ver-längert – ein Erfolg für die Qualitätsstrategie unserer Landwirtschaft. Der Anbau von Gen-tech-Pflanzen bleibt verboten, Forschung und Import ist dennoch möglich. Die Gentechnik hat bisher nicht gehalten, was sie verspricht. Enorme ökologische Schäden sind die Folge. Diese Pflanzen sind resistent gegen Herbizid und dadurch immun gegen Unkrautvernichtungsmittel mit denen sie geduscht werden. KonsumentInnen wollen kein Gentech auf ih-ren Tellern. Für die kleinräumige und vielfältige Schweizer Landwirtschaft sind gentech-nisch veränderte Pflanzen nicht geeignet und das Nebeneinander wäre kompliziert und kostenintensiv. Die Verlängerung des Moratoriums für vier Jahre war letztlich kaum be-stritten. Wir forderten allerdings gemeinsam ein unbefristetes Moratorium. Damit hätten wir das Parlament von den vierjährlichen Verlängerungsdiskussionen verschont. Das Ge-setz hätte jederzeit angepasst werden können, wenn sich eine akzeptierte Anwendung von Gentech abzeichnen sollte. Noch haben sich die Bauern mit Vehemenz für eine Schweizer Landwirtschaft ohne Gentechnik auf ihren Feldern stark gemacht.
Starker Tubak
Der Nationalrat ist nicht auf das Tabakproduktgesetz eingetreten. Der gemässigte Vorschlag von Bundesrat Alain Berset wollte den Verkauf von Tabakwaren an Minderjährige verbieten sowie strengere Regelungen für Werbung und Sponsoring. Der Tabakkonsum verursacht jährlich 10 Milliarden Franken volkswirtschaftliche Kosten und schweizweit ster-ben jährlich etwa 10‘000 Menschen infolge Tabakkonsum. Mit Blick auf die ständig steigenden Gesundheitskosten ist die Rückweisung dieses Gesetzes unverständlich, denn die Schweiz hat europaweit die tabakfreundlichsten Regelungen. Jeder Kanton entscheidet sel-ber, ob Tabakwaren an Minderjährige abgegeben werden dürfen. Vertreter der Tabaklobby behaupten, ihre Werbekampagnen hätten keinen Einfluss auf den Konsum. Wo anders liegt dann der Nutzen von Tabakwerbung? Gute Arbeit – Tabaklobby, hast deine Leute überzeu-gen können! Wie aber soll die Jugend der Tabakwerbung widerstehen, wenn die Politike-rinnen und Politiker reihenweise auf sie hereinfallen!
Wer nichts zu verstecken hat, hat nichts zu befürchten.
Mit dem automatischem Informationsaustausch AIA ist das Bankgeheimnis für ausländi-sche Steuerbehörden gefallen. Jetzt fürchten sich die Finanzjongleure auch im Inland vor mehr Transparenz. Die Matter-Initiative „Ja zum Schutz der Privatsphäre“ will das Bankgeheimnis in die Bundesverfassung schreiben. Ein ungeheuerlicher Vorgang! Steuerhinter-ziehungsschutzinitiative wäre der richtige Name dafür! Der Gegenvorschlag des Bundesra-tes verheisst nichts Besseres. Der Schutz der Steuersünder wird höher gewichtet als die Interessen der ehrlichen Steuerzahlenden. Im Nationalrat wurden die Initiative und auch der Gegenvorschlag deutlich angenommen! Unverschämt, was alles getan wird um den Staat zu schädigen. Neue Sparprogramme und Leistungsabbau werden folgen. Wir brau-chen in Steuerfragen Transparenz und keine Dunkelkammer.
Fortschritte bei Familienentlastung
Die Gesundheitskosten und damit die Krankenkassenprämien sind für viele Familien zu einer grossen Belastung geworden. Gerne hätten wir die Kinderprämien vollständig abge-schafft. Das wäre allerdings teuer geworden. Mit der neuen Regelung werden Kinderprämien von Familien mit tiefen und mittleren Einkommen um mindestens 80 Prozent verbil-ligt. Auch die Prämien von Jugendlichen werden durch eine neue Berechnung des Risiko-ausgleichs massiv entlastet. Als Wermutstropfen steigt die Prämie von Erwachsenen um monatlich rund 10 Franken, weil die Entlastung der Familien kostenneutral umgesetzt wer-den muss. Die Entlastung setzte sich mit 96 zu 91 Stimmen durch. Einen weiteren Erfolg konnten wir bei den Familien mit schwer kranken und pflegebedürftigen Kindern erzielen. Diese Familien werden in Zukunft finanziell viel stärker entlastet.
„Wenn Arme wie Reiche im Leben gewinnen – ja dann kann Weihnachten allmählich beginnen!“
Erholsame Festtage und auf ein gemeinsames, erfolgreiches 2017.