Leserbrief zur Verfassungsänderung Fortpflanzungsmedizin vom 14. Juni 2015 –
Um es vorweg zu nehmen, ich unterstütze die Verfassungsänderung zur Fortpflanzungsmedizin, die Änderung des Gesetzes werde ich aus ethischen Gründen aber ebenso klar ablehnen. Das Gesetz steht aber noch nicht zur Diskussion, die Referendumsfrist beginnt erst nach der Abstimmung zur Verfassungsänderung.
Paare mit unerfülltem Kinderwunsch haben in der Regel einen langen Leidensweg hinter sich bis sie sich zu einer Reagenzglas-Befruchtung entschliessen. Diese Behandlung ist heute unbestritten und wird in der Schweiz bei rund 2‘000 Paaren pro Jahr angewendet. Im Gegensatz zu den meisten umliegenden Ländern kann in der Schweiz eine optimale Behandlung leider noch nicht angewendet werden. Der geltenden Verfassungsartikel lautet nämlich: „Es dürfen nur so viele menschliche Eizellen ausserhalb des Körpers der Frau zu Embryonen entwickelt werden, als ihr sofort eingepflanzt werden können.“ Somit dürfen einer Frau pro Zyklus maximal drei Eizellen entnommen werden. Wenig bekannt ist, dass eine Frau für die Eizellentnahme rund zwei Wochen medikamentös behandelt werden muss. Anschliessend werden die Eizellen unter Vollnarkose entnommen. Stellt sich später keine Schwangerschaft ein, wiederholt sich für die Frau diese belastende Behandlung aufs Neue. Um die Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft zu erhöhen, werden häufig alle gut entwickelten Embryonen eingesetzt, was vermehrt zu Zwillings- und Drillingsschwangerschaften führt. Dadurch erhöhen sich auch die Risiken für Mutter und Kind.
Neu dürften einer Frau pro Zyklus mehr Eizellen entnommen werden. Diese könnten jetzt aufbewahrt werden, um pro Zyklus jeweils nur einen einzigen Embryo zu übertragen. Erfolgt keine Schwangerschaft, kann im nächsten Zyklus ohne aufwändige Behandlungen ein weiterer Embryo eingesetzt werden. Dies wird die Betroffenen psychisch und physisch massiv entlasten. Deshalb unterstütze ich die Änderung des Fortpflanzungsartikels in der Verfassung.
Nach Annahme der Verfassungsänderung läuft die Referendumsfrist zum Fortpflanzungsmedizingesetz. Erst mit diesem Gesetz kommt dann die umstrittene Präimplantationsdiagnostik (PID) zur Abstimmung, die ich aus ethischen Gründen ablehne. In der Abstimmung vom 14. Juni geht es aber nicht um das Gesetz, sondern nur um die Verfassungsänderung. Dazu sage ich ja. Es ist ein Ja zur Fortpflanzungsmedizin, damit betroffene Frauen mit Kinderwunsch optimal behandelt werden können.