Sessionsbericht von Nationalrätin Martina Munz

Herbstsession 2013 des Nationalrats 

Nach drei Wochen Bern bin ich randvoll mit Eindrücken nach Schaffhausen zu-rückgekehrt. Mit im Gepäck sind schöne Erinnerungen und wichtige Erkenntnisse aus spannenden Gesprächen, von interessanten Begegnungen und aus kontro-versen Diskussionen. Aber auch viel Papier, das studiert sein will. Der Ratsbe-trieb ist fordernd und wird auch in Zukunft viel von mir abverlangen.

Emsiges Treiben hinter den Kulissen 

Der Politalltag im Bundeshaus ist hektisch und gleicht einem Bienenhaus. Ein-drücklich waren für mich die zahlreichen Sitzungen am Rande der Session mit hoch kompetenten Fachpersonen. Von der Energiewende bis zu den Menschen-rechten, von der Quotenregelungen bis zu den Freihandelsabkommen – die The-menbreite ist enorm. Im Rat zeigte sich eine hohe Kadenz in der Abwicklung der traktandierten Geschäfte.

Lex USA – ohne Gegenrecht ? 

Für die Banken war die Annahme des Facta-Abkommens zum Sessionsauftakt ein bedeutungsvoller Schritt. Das Parlament schluckte den Entscheid, aber so richtig glücklich ist niemand damit. Das Abkommen führt – wie von der SP schon sehr lange gefordert – zum automatischen Informationsaustausch. Nicht verständlich ist die Tatsache, dass die Schweiz auf Gegenseitigkeit für entsprechende Daten aus den USA verzichtet.

Eineinhalb Kampfjets sind eine neues Schaffhauser Spital 

Dieser Vergleich von „Äpfel mit Birnen“ ist gewollt. Wie schnell werden doch 3,1 Milliarden Franken für 22 Gripen bewilligt, der erst auf Papier existiert. Das ist eine ungeheuerliche Summe bei der heutigen Finanzlage. Das Geld wird uns bei der Bildung und Gesundheit fehlen! Für mich als „Greenhorn“ im Bundeshaus ist noch unverständlich, wie rasch Skeptiker im Parlament zu flammenden Befürwor-tern werden und Sparpolitiker ohne Skrupel ihre hehren Grundsätze verwerfen. Die bürgerliche Mehrheit hat die Fünf-Milliarden-Armee grossmehrheitlich durch-gewinkt. Zusätzlich hat sie für die einheimische Rüstungsindustrie noch ein Rüs-tungsprogramm über 740 Millionen Franken bewilligt, auch um diese bei Laune zu halten. Gut, dass das Volk gelegentlich darüber entscheiden kann, ob diese Kampfjets vom Boden abheben werden. Die Unterschriftenbogen für das Refe-rendum liegen bald bereit.

Schnaps zum Schnäppchenpreis 

Beim Alkoholgesetz wurde eine andere, nicht weniger gewichtige Lobby aktiv. Eine komplizierte und ineffiziente Ausbeutebesteuerung aus dem Jahr 1869 setzte sich durch. Die dringenden Präventionsmassnahmen gegen übermässigen Alkoholkonsum hingegen wurden in die Wüste geschickt. Bundesrätin Widmer-Schlumpf hatte diese kurzsichtige Politik sehr treffend als „Aufruf zum Flatrate-Saufen“ bezeichnet.

Die Hochrheinbahn nimmt Fahrt auf 

Für uns und damit für die andere Mehrheit im Saal gibt es aber auch Erfreuliches zu berichten: Die Erneuerung der Hochrheinbahn von Basel nach Schaffhausen ist ein gutes Stück näher herangerückt. Sie muss wohl noch mehrere Haltesig-nale passieren bis die Elektrifizierung wie im Klettgau Wirklichkeit wird.

Beim Atommüll kein „Stuttgart 21“ 

Erfreulich auch die Erkenntnis im Nationalrat, dass kein Atommüll-Lager gegen die Zustimmung der Bevölkerung gebaut werden darf. Die deutliche Annahme des Vetorechts ist für unsere Region bedeutungsvoll. Die Sicherheit eines mögli-chen Atommüll-Lagers wird dadurch beträchtlich erhöht. Denn nur ein sicheres Projekt in einem vertrauenswürdigen Umfeld kann die Hürde einer Volksabstim-mung schaffen. Am Wellenberg im Kanton Nidwalden wurde die „Gesteinsfrage“ als Folge des grossen Widerstands in der Bevölkerung nochmals geprüft. Heute – nur wenige Jahre später – gilt nicht mehr der Granit als sichere Lagerstätte, son-dern der Opalinuston. So schnell ändern sich ganz grundlegende Sicherheitsan-forderungen. Sie werden auch weiterhin an neue Erkenntnisse angepasst werden müssen.

Freihandel mit China: Arbeits- und Menschenrechte verteidigen 

Der Nationalrat befasste sich in der Herbstsession in beeindruckendem Tempo mit einer breiten Themenpalette, von der Pädophilen-Initiative über die Revision des neuen Strafrechts bis zu den Steuererleichterungen für Agrotreibstoffe. Nach der erlaubten Einarbeitungszeit werde ich mich schrittweise in die Diskus-sion einbringen. In der Aussenpolitischen Kommission (APK), der ich angehöre, stehen in den nächsten Monaten intensive Diskussionen bevor zum Freihandels-abkommen mit China. Gespräche mit Menschenrechtsorganisationen und Ge-werkschaften sind bereits angelaufen.

SP-Bundeshausfraktion beeindruckt durch Fachkompetenz 

Ich fühle mich gut aufgehoben in der SP-Fraktion und bin beeindruckt von der Fachkompetenz der Dossierverantwortlichen. Die Frauensolidarität ist für mich spürbar und erleichtert mir den Einstieg. Meine Erfahrungen aus der Schaffhau-ser Parlamentsarbeit sind Gold wert für die politische Arbeit im nationalen Parla-ment. Das überschaubare Politsystem in Schaffhausen erscheint gegenüber dem Betrieb in Bundesbern aber eher als geschützte Werkstatt.

Bundesrätliches Kaffeekränzlein 

Als besondere Geste habe ich die persönliche Begrüssung durch die drei Schaff-hauser Parlamentarier in Bern empfunden. Ich hoffe, unsere Politik bleibt auch in Zukunft von gegenseitiger Wertschätzung geprägt, auch zum Wohl des eigenen Kantons. Nun aber noch mein ganz persönlicher Höhepunkt in dieser Herbstses-sion: Bundesrätin Simonetta Sommaruga hat mich zu einem Begrüssungskaffee in ihr Büro eingeladen. Eine sympathische Begegnung, die mir zeigt, wie wichtig im hektischen Politbetrieb persönliche Gespräche sind. Erst richtig angekommen freue ich mich, Teil dieses Ratsbetriebes zu sein und innerhalb der SP-Fraktion meine Rolle aktiv wahrnehmen zu dürfen.

7.10.2013, Martina Munz

3_munz_martina_web

Beitrag teilen:

Facebook
Twitter
LinkedIn
Animation laden...Animation laden...Animation laden...

Newsfeed