Anhörungsantwort zum Entsorgungsprogramm und zu den behördlichen Stellungnahmen
Stellungnahme der Sozialdemokratischen Partei des Kantons Schaffhausen
Sehr geehrte Frau Bundesrätin Leuthard
Sehr geehrte Damen und Herren
Wir danken Ihnen für die Möglichkeit, an dieser Anhörung mitwirken zu können. Wir bitten Sie unsere Anliegen zu berücksichtigen.
Vorbemerkungen
In der Anhörungsantwort zur Etappe 1 hat die SP des Kantons Schaffhausen mit Schrei-ben vom 17. November 2010 ausführlich auf verschiedene Probleme im Zusammenhang mit der Entsorgungsstrategie für Atommüll hingewiesen. Diese Befürchtungen konnten in der Zwischenzeit nicht entkräftet werden und behalten ihre Gültigkeit.
Bezüglich der aktuellen Anhörung halten wir ausserdem fest:
1. Entsorgungskonzept lässt zu viele sicherheitsrelevante Fragen offen
Die Sicherheit der Bevölkerung muss bei der Atommüllentsorgung an erster Stelle stehen. Gemäss den Plänen der Nagra werden viele Sicherheitsfragen nicht mit ent-sprechender Priorität behandelt. Viele sicherheitsrelevante Fragen sind noch unbe-antwortet und kritische Argumente von Fachleuten können nicht entkräftet werden. Den Entsorgungsnachweis erachten wir deshalb als nicht erbracht und muss deshalb aufgehoben werden. So lange sicherheitsrelevante Probleme nicht gelöst sind, ist eine Standortsuche für ein mögliches Endlager verfrüht.
Insbesondere sind die potenziellen Standorte nicht auf dem gleichen geologischen Wissensstand. Eine allfällige Rückholbarkeit des Atommülls ist nicht finanziert und nach dem Verschluss nicht vorgesehen. Im Übrigen weisen wir auf die Arbeiten der Fachgruppe der Regionalkonferenzen hin.
2. Sachplanverfahren wird grundsätzliche kritisiert
Das Verfahren dient der besseren Akzeptanz der Nagra-Strategie. Eine echte Mit-sprache ist nicht auszumachen. Das Verfahren ist nicht ergebnisoffen, unflexibel und damit nicht zweckdienlich.
Zeitplan entspricht nicht den Bedürfnissen der Regionalkonferenzen
Die Regionalkonferenzen werden unter grossen Zeitdruck gesetzt. Es ist damit ver-antwortungsvollen und engagierten Personen aus Politik, Wirtschaft und Bevölke-rung kaum möglich in so kurzer Zeit ein komplexes Fachwissen aufzubauen und sich kritisch mit der Thematik auseinanderzusetzen. Die Regionalkonferenz wird damit in ihrer Funktion nicht ernst genommen.
Umgang mit Kritik lässt Vertrauen in den Prozess schwinden
Das Verfahren lässt die Sensibilität gegenüber den politisch gewählten Gremien so-wie gegenüber der Regionalkonferenz vermissen. Kritik durch Regionalkonferenzen und Kantone finden im Verfahren keine Aufnahme. Als Beispiel sei der Nichteinbezug der Imagestudie in die Soziökonomische Studie erwähnt.
Zudem müssen unabhängige Fachleute und externe Gutachten als konstruktive Kri-tik in das Verfahren einbezogen werden.
Logische Reihenfolge wird nicht eingehalten
Die Lage der Oberflächenstandorte kann erst diskutiert werden, wenn der Standort des Tiefenlagers sowie der Zugang zum Tiefenlager geklärt ist. Das Pferd darf nicht am Schwanz aufgezäumt werden.
3. Vertrauensverlust durch Verbandelung und mangelnde Unabhängigkeit der Gremien
Die Unabhängigkeit der Akteure ist nicht gewährt und führt zu einem Vertrauensver-lust. Die Nagra hat heute ein Wissensmonopol und ist von den AKW-Betreibern ab-hängig. Sie ist Interessenvertreterin. Diese Verbandelung ist bezüglich Sicherheit und Finanzierung des Endlagers gefährlich. Zudem übernimmt die Nagra weitgehend die Kommunikation zur Bevölkerung.
BFE und ENSI nehmen ihre Rolle als unabhängiges Aufsichtsgremium zu wenig wahr, es fehlt teilweise auch an Fachwissen. Die Gremien vernachlässigen ihre Ver-antwortung gegenüber der Bevölkerung in sicherheitsrelevanten Fragen. Das BFE versteift sich zudem auf die sture Durchführung des Sachplanverfahrens. Für eine qualifizierte, unabhängige Zweitmeinung braucht es ein Gremium, dafür sollte die KNS mehr Kompetenzen erhalten.
Bezüglich Finanzierung und Kostenberechnung muss eine unabhängige Instanz be-auftragt werden.
4. Regionalkonferenzen ersetzt den demokratische Prozesse nicht
Der vorgegebene Partizipationsprozess ist höchst undemokratisch, damit unschwei-zerisch und inakzeptabel, auch wenn es gemäss KEG gesetzeskonform ist. Regional-konferenzen sind demokratisch nicht legitimiert, sie ersetzen den demokratischen Prozess nicht. Nie darf ein Atommüll-Endlager einer Region aufgezwungen werden ohne demokratische Abstimmung. Finanzielle Abgeltungen zur Köderung der politi-schen Gremien und der Bevölkerung sind unmoralisch und verwerflich. Sie dürfen nicht dazu benutzt werden, den Widerstand zu brechen.
Schaffhausen, 28. September 2012 SP Kanton Schaffhausen
Martina Munz, Präsidentin