Von Nationalrat Hans-Jürg Fehr über ein mögliches Ende des Fluglärmstreits. – Als sich die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel vor drei Jahren in den Fluglärmstreit zwischen Südwestdeutschland und der Nordschweiz einmischte, legte sie ihren Landsleuten zwei ungeniessbare Eier in den Verhandlungskorb. Sie bestimmte, dass nicht die Zahl der Flugbewegungen zum Mass genommen werden solle, also nicht der gesehene Lärm, sondern der in Dezibel gemessene, also der gehörte Lärm. Das war nicht etwa unvernünftig, aber soweit über die Köpfe der Betroffenen hinweg verfügt wie über Waldshut die Flugzeuge fliegen. Unsere nördlichen Nachbarn haben inzwischen mit der von allen Parteien unterschriebenen „Stuttgarter Erklärung“ ihren Lärmtarif durchgegeben: 80‘000 Anflüge im Maximum pro Jahr, also weniger als bisher. Schwer vorstellbar, dass irgendeine deutsche Regierung diese Limite überschreitet.
Den zweiten Fehler machte die Kanzlerin im Einklang mit den Betroffenen: Es solle keine Paketlösung geben, keinen Deal mit anderen Verhandlungsgegenständen. Das war eindeutig zu kurz gedacht, denn warum soll die Bevölkerung am Hochrhein mehr Fluglärm übernehmen ohne dafür etwas zu bekommen? Und nur darum geht es ja in den Verhandlungen, um Lärmexport aus der Region Zürich in die Region Waldshut. Wer eine Paketlösung verbietet, macht Verhandlungen sinnlos und müsste ehrlicherweise zugeben, dass ein neuer Staatsvertrag ausser Reichweite liegt. Mehr Lärm für nichts – das macht doch niemand!
Die wieder in Gang gekommenen Verhandlungen können nur zum Ziel führen, wenn eine Paketlösung angestrebt wird. Der Flughafen Zürich, in dessen Interesse das deutsche Grenzgebiet Konzessionen machen müsste, soll den Preis dafür bezahlen. Der Preis besteht in der Elektrifizierung der Hochrheinbahn zwischen Basel und Erzingen. Dieses äusserst wichtige Verkehrsprojekt ist in der Planung zwar weit fortgeschritten, droht nun aber an den mangelnden Finanzen zu scheitern. Für den Flughafen Zürich wäre die Übernahme der Investitionskosten von 85 Millionen Euro gut verkraftbar, bekommt er doch seit kurzem vom Bund den Ertrag der innerschweizerischen Kerosinsteuer überwiesen. In den Regionen beidseits der Grenze gibt es zwischen Basel und Singen niemanden, der im Ausbau der Hochrheinbahn nicht ein ausgesprochen nützliches und zukunftsträchtiges Förderinstrument für das Grenzgebiet sähe. Es bekäme in Zusammenarbeit mit den SBB auf der elektrifizierten Strecke einen höchst attraktiven Fahrplan, einen weit besseren als den bisherigen, ein Angebot, das eine Portion mehr Lärm in den Randstunden erträglich machen könnte.
Nationalrat Hans-Jürg Fehr