Späte Einsicht des Regierungsrates

Von Martina Munz, Kantonsraetin, SP-AL Fraktion –

Der Regierungsrat hat dem Kantonsrat vor zwei Monaten erneut eine Steuersenkungsvorlage unterbreitet.  Darüber kann man denken was man will, aber die Vorlage kam zu einer Zeit, als bereits längst alle finanzpolitischen Ampeln auf Rot standen. Steuern senken ist zwar populär und steht in jedem bürgerlichen Parteiprogramm. Aber die Regierung ist in Verantwortung und ist deshalb gehalten, nachhaltig und umsichtig zu handeln.

Die SP/AL-Fraktion des Kantonsrates zweifelte ernsthaft daran, ob der Regierungsrat die Zeichen der Zeit erkannt hat. Was wollte er mit dieser Steuervorlage tatsächlich bezwecken? Eine aufklärende Kosten-Nutzen-Analyse fehlte.  Sich einzig im Steuerwettbewerb der Kantone wieder zwei oder drei Plätze nach vorne zu strampeln kann jedenfalls nicht die erwünschte  nachhaltige Finanzpolitik sein. Die Reaktion der grossen Gemeinden war unmissverständlich: „eine  weitere Steuergesetzrevision sei nicht verkraftbar“.
 
Seitens der SP/AL-Fraktion wurden dazu zwei Interpellationen eingereicht. Wir machten uns Sorgen um die Zukunft des Kantons und um die eingeleiteten wichtigen Projekte der Standortentwicklung. Der Finanzdirektorin, Rosmarie Widmer Gysel, war zum Zeitpunkt als die Steuervorlage an den Kantonsrat ging längst bekannt, dass beispielsweise die Gewinnausschüttung der Nationalbank massiv kleiner ausfallen wird als in den Vorjahren. Denn das Nationalbankgold ist unterdessen verscherbelt und die Nationalbank musste der UBS unter die Arme greifen. Das Polster dazu hat ihr jetzt aber gefehlt. Auch werden wir sehr bald die Fehlkalkulationen des ehemaligen Vorstehers des Finanzdepartements, Alt-Bundesrat Merz, bei der Unternehmenssteuerreform II spüren. Im Weiteren war auch der Gewinneinbruch bei der Axpo schon länger bekannt und voraussehbar. Ein Stromkonzern, der sich dem Wandel in der Energiebranche nicht stellen will und gleichzeitig den Strompreis an den Gestehungskosten und nicht am Marktpreis misst, wird langfristig kaum auf Erfolgskurs bleiben können. Am meisten aber lässt der Rückgang der kantonalen Steuereinnahmen bei den natürlichen und juristischen Personen aufhorchen. Die letzten Steuergesetzrevisionen wurden immer damit „verkauft“, dass die Steuerentlastung zu Mehreinnahmen führen werde. Diese Rechnung ist nicht aufgegangen! Diese Fehleinschätzung wurde glücklicherweise noch publik, bevor uns dieses immer gleiche Argument erneut vorgegaukelt wurde.
 
Unser Kanton wird nachhaltig vorwärts gebracht, wenn wir vor allem in die Standortattraktivität investieren. Das ist dringend nötig und es stehen diesbezüglich auch einige Projekte auf dem Programm: Wir brauchen unter anderem ein neues Sicherheitszentrum, die Zustände rund um das Gefängnis Schaffhausen sind nicht mehr tragbar. Auch unser Spital ist in die Jahre gekommen und benötigt umfangreiche Investitionen, um konkurrenzfähig zu bleiben. Das Wichtigste im Moment aber ist die Erneuerung unserer Verkehrsinfrastruktur als wichtigster Teil des sogenannten Agglomerationsprogramms, das der Bund – nach erfolgter Kosten-Nutzen-Analyse – zu 40 Prozent finanziert. Das Agglomerationsproramm sieht eine S-Bahn Schaffhausen vor als bedeutende Investition in die Zukunft. Noch an der diesbezüglichen Informationsveranstaltung rief der Baudirektor dazu auf, keine Rosinen aus diesem Programm herauszupicken. Tatsächlich aber hat die Regierung in der Vorlage an den Kantonsrat aber rund die Hälfte der Projekte aus dem Agglomerationsprogramms geworfen und wollte allen Ernstes nur ein halbe S-Bahn realisieren. Bekanntlich hat Schaffhausen aber schon früher einmal den Anschluss an die S-Bahn Zürich verpasst! In letzter Minute hat nun auch bei der Schaffhauser Regierung die Vernunft gesiegt gegenüber dem Steuernsenken. Die Regierung konnte nicht einmal blind die vielen finanzpolitischen Sturmwarnungen übersehen.
 
Um ihrem Dauerbrenner „Steuern sparen“ frönen zu können rufen die bürgerlichen Jungpolitiker wieder zum ultimativen Sparen auf. Sie sind aber keineswegs glaubwürdig, haben sie doch in der letzten Budgetdebatte keinen einzigen substantiellen Sparantrag gestellt – wahrlich kein überzeugender Leistungsausweis.
 
Die letzten Sparpakete der Regierung sind uns noch in bester Erinnerung. Die gesamte Verwaltung wurde gemeinsam mit externen Fachleuten durchleuchtet.  Nur Weniges blieb im Netz hängen, denn das Sparen wurde nicht erst gestern erfunden. Die Möglichkeiten dazu werden logischerweise mit jedem neuen Sparpaket kleiner. Wie in der Privatwirtschaft erledigen aber eben auch die verantwortlichen Mitarbeitenden  in der öffentlichen Verwaltung ihren Job nach besten Wissen und Gewissen.
Die SP/AL-Fraktion hat mit ihren zwei eingereichten Interpellationen die Diskussion zum Thema Investitionen versus Steuern senken angeschoben. Die Regierung hat unter Finanzdruck die Steuervorlage gerade noch rechtzeitig zurückgezogen. Sie hält damit hoffentlich an ihrem Legislaturziel fest: „Oberstes Ziel ist nach wie vor die weitere Attraktivierung des Kantons als Wohn- und Wirtschaftsstandort. Diese Attraktivierung bedingt weiterhin verstärkte Investitionen in die Verkehrserschliessung, in das Bildungs- und Gesundheitswesen sowie in die Siedlungsentwicklung“ (Zitat Legislaturprogramm 2009-2012).Wir stützen diesen ermutigenden Entscheid des Regierungsrates.
 
Für die SP/AL-Fraktion, Martina Munz

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