Von Ursula Wyss, Nationalrätin BE, Präsidentin der SP-Bundeshausfraktion: Gemäss Angaben des VBS und einer Schätzung des FedPol befinden sich in der Schweiz 2,3 Millionen moderne Schusswaffen in privatem Besitz. Das Genfer Hochschulinstitut für internationale Studien (IUHEI) kommt auf noch höhere Zahlen, nämlich rund 3,4 Millionen Schusswaffen. Anders ausgedrückt: Auf 100 Einwohner kommen in der Schweiz 45,7 Schusswaffen. Weltweit zirkulieren nur in den USA und im Jemen mehr Schusswaffen pro Kopf.
Dabei haben die meisten der Schweizer Waffenbesitzer weder einen handfesten Grund, noch einen bestimmten Gebrauch für den Waffenbesitz. Denn bei drei Viertel dieser Waffen handelt es sich um aktuelle oder ehemalige Ordonnanzwaffen, die die Schweizer Armee den Wehrdienstleistenden leihweise zur Aufbewahrung mit nach Hause gibt oder beim Ausscheiden aus der Armee zu Eigentum überlassen hat. Somit lagern die Militärwaffen hinter Schlafzimmertüren, in Kellerabteilen oder auf dem Estrich. Zwischen 1969 und 2009 wurden 4674 Ordonnanzwaffen als vermisst gemeldet: verloren, gestohlen oder verkauft. Nur wenige tauchten wieder auf, darunter nicht wenige in den Händen irgendwelcher Warlords oder Krimineller. Wie einfach es für Verbrecher oder selbsternannte Befreiungskämpfer ist, sich in der Schweiz moderne Militärwaffen zu beschaffen, hat schon Kurt Furgler beschäftigt, der seinerzeit von einem “Waffen-Selbstbedienungsladen Schweiz” sprach. Bekanntlich startet jede illegale Waffe als legale, bevor sie gestohlen oder in einem dunklen Hinterzimmer verkauft wird.
Wie jeder ernstzunehmende Präventivmediziner und jede seriöse Kriminologin bestätigt, beeinflusst der Zugang zu Schusswaffen direkt, ob diese gebraucht werden oder nicht.
Die grosse und leichte Verfügbarkeit von Schusswaffen in der Schweiz stellt deshalb ein enormes Sicherheitsrisiko dar. Unfälle oder Affekthandlungen mit einer Schusswaffe fordern jährlich rund 300 Menschenleben. Eine unbekannte Dunkelziffer namentlich von Frauen und Kindern werden bedroht. Ich habe noch kein einziges Argument gehört, weshalb jeder dritte Schweizer Haushalt mit einer Schusswaffe bewaffnet sein soll. Diese sind schlicht überflüssig – und darüber hinaus gefährlich. Deshalb gehören alle Militärwaffen sicher verwahrt ins Zeughaus und soll nur noch eine Schusswaffe haben können, wer dafür den Bedarf ausweist und über die erforderlichen Fähigkeiten verfügt.
Wir können den Missbrauch von Schusswaffen nie ganz ausschliessen. Aber wir können mit konkreten Massnahmen die Missbräuche massiv reduzieren. Die Politik muss alles daran setzen, Familien zu schützen und das Risiko, dass von Waffen unweigerlich ausgeht, so klein wie möglich zu halten.
Genau diese Chance bietet die Initiative für den Schutz vor Waffengewalt. Sie verbannt Militärwaffen aus dem Besenschrank. Sie beschränkt mit dem Bedarfs- und Fähigkeitsnachweis den Waffenbesitz auf Jäger, Sportschützen und Waffensammler sowie jene, die beruflich Waffen brauchen. Und das eidgenössische Waffenregister wird die Polizei in ihrer Ermittlungsarbeit effizient unterstützen.
Der Missbrauch von Schusswaffen richtet unsägliches Leid an. Zwischen 1969 und 2008 erschossen sich in der Schweiz 13’197 Menschen. Die Waffenschutz-Initiative ist eine Chance, diesen Missbrauch massgeblich entgegenzuwirken und Menschenleben zu retten!