von Hansjürg Fehr
Die Regierung wird nach einem System gewählt, das nicht auf die möglichst pro-portionale Vertretung der verschiedenen politischen Kräfte angelegt ist (Majorz-wahl). Trotzdem ist es legitim, aus den politischen Kräfteverhältnissen einen An-spruch auf gerechte Vertretung in der Exekutive abzuleiten. Deshalb begründet die SP die Kandidatur von Werner Bächtold auch mit solchen Überlegungen. Von Interesse ist insbesondere der Vergleich zwischen SP und FDP, den beiden Par-teien also, deren Vertreter sich um die Nachfolge von Heinz Albicker bewerben.
Wie sieht dieser Vergleich aus?
Wähleranteile bei den Kantonsratswahlen 2008
SP: 23%
FDP: 19,3%
Differenz zu Gunsten der SP: +3,7%
Zählt man die Jungparteien hinzu, ergibt sich folgendes Bild:
SP und AL: 27,13%
FDP und JFDP: 22,19%
Differenz zu Gunsten von SP/AL: +4,94%
Zählt man noch die „zugewandten Orte“ dazu, ergeben sich folgende Relationen:
SP, AL und ÖBS: 35,4%
FDP, JFDP und CVP: 27,31
Differenz zu Gunsten von links-grün: +8,09%.
Das Ergebnis ist eindeutig:
Die SP ist klar stärker als die FDP, und wenn man die nahestehenden Parteien hinzuzählt, ist die Differenz noch grösser. Daraus folgt, dass der Sitzanspruch der SP eindeutig besser ausgewiesen ist als derjenige der FDP.
Der Anspruch lässt sich aber noch auf eine andere Art begründen, nämlich mit dem Stimmenanteil, den rot-grün in Volksabstimmungen auf sich zu ziehen ver-mag. Ich habe eidgenössische Abstimmungen jüngsten Datums ausgewählt, in denen die Linke jeweils dem bürgerlichen Lager gegenüber stand:
– Initiative Flexibles Rentenalter: 41,4%
– Liberalisierung Hanfkonsum: 40,6%
– Unternehmenssteuerreform II: 48,6%
– 5. IV-Revision: 44,2%
– Einheitskrankenkasse: 24,6%
– Nationalbankgewinne für die AHV: 42,5%
– Durchschnitt 41,1%
Diese Liste zeigt, was wir auch aus früheren Untersuchungen wissen: Die poli-tisch links-grün orientierte Bevölkerung entspricht im Kanton Schaffhausen unge-fähr zwei Fünfteln der Stimmberechtigten. Diese grosse Bevölkerungsgruppe ist mit bisher nur einer Vertreterin im Regierungsrat untervertreten. Angemessen wären 40% statt 20%, also zwei von fünf Sitzen.
Im Rückblick auf die letzten 50 Jahre sind zwei SP-Regierungsmitglieder nicht die Ausnahme, sondern die Regel gewesen. Erst in jüngster Zeit ist die sozialdemo-kratisch und grün orientierte Bevölkerung nur noch mit einer Vertreterin in der Kantonsregierung präsent. Der Anspruch der SP auf einen zweiten Sitz ist des-halb nicht nur gut begründet in den realen politischen Kräfteverhältnissen, son-dern bedeutet auch die Wiederaufnahme der bewährten Tradition des 3 (bürger-lich) zu 2 (SP) in der kantonalen Exekutive.
Schaffhausen, im September 2009 Hans-Jürg Fehr, Nationalrat