«Contra Service public» wäre der richtige Titel

Von Matthias Aebischer, Nationalrat SP Bern – Der Titel der Service-public-Initiative ist mehr als irreführend. Sie will ein Gewinn- und Quersubventionierungsverbot für SBB, Post und Swisscom. Damit gefährdet sie die Basis unserer Grundversorgung. Der ausgezeichnete Service public in der Schweiz wird völlig unnötig von Grund auf in Frage gestellt.
Das war ein Novum für mich. Weder in meinen zwanzig Jahren als Journalist noch in meiner Zeit als Politiker habe ich erlebt, dass eine Initiative in beiden Räten keine einzige Stimme erhalten hat. Kein Ratsmitglied des Ständerates und auch kein Ratsmitglied des Nationalrates hat der Initiative «Pro Service public» zugestimmt. Und dies, obschon fast jede Partei von sich behauptet, sie würde den Service public hoch halten und ihn verteidigen.

Langfristig wird der Service public geschwächt

Dieses desaströse Resultat hat einen einfachen Grund. Noch nie trug eine Initiative einen Titel, der so unverfroren das Gegenteil dessen verspricht, was der Initiativtext beinhaltet. Mit einer Verfassungsänderung soll dem Bund das Erstreben eines Gewinns in der Grundversorgung untersagt, keine anderen Verwaltungsbereiche quersubventioniert und auf fiskalische Interessen verzichtet werden.

Die bundesnahen Betriebe bewegen sich in einem teilliberalisierten Markt, der von rasanten technologischen aber auch sozialen Veränderungen geprägt wird. Gerade in diesem Umfeld ist es wichtig, dass die Unternehmen mögliche Gewinne in neue Technologien oder Infrastrukturen investieren oder zu Investitionszwecken Rückstellungen tätigen können. Ein Gewinnverbot würde den dazu nötigen Handlungsspielraum massiv einschränken.

Ohne Quersubventionierung läuft gar nichts

Der Initiativtext lässt offen, welche Quersubventionierungen, die heute erlaubt sind, in Zukunft verboten werden sollen. Fakt ist, die Quersubventionierung ist die Basis der Grundversorgung.

Angesprochen auf die Problematik des Gewinn- und des Quersubventionierungsverbots sagen die Urheber, das hätten sie nicht so gemeint. Der Initiativtext sei nicht mangelhaft. Die Parlamentarier würden ihn einfach nicht richtig verstehen. Ein Beispiel aus dem Initiativtext zeigt die Problematik explizit auf. Im Initiativtext steht: «… dass die Löhne und Honorare der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieser Unternehmen nicht über denjenigen der Bundesverwaltung liegen» dürfen. Die Löhne aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter? Nein, sagen die Urheber der Initiative. Dies würde nur die Chefsaläre betreffen und nicht alle Löhne. Wie bitte? Und weshalb steht das nicht so im Initiativtext?

Die Abstimmung wird kein Spaziergang

Wer jetzt glaubt, die Abstimmung werde ein Spaziergang, könnte sich täuschen. Denn die Urheber sind die Besitzer der übers ganze Land verstreuten Konsumentenmagazine. 2,5 Millionen Leserinnen und Leser bedienen sie. Das ist eine Macht. Die Urheber der Initiative nutzen die Unzufriedenheit geschickt aus. Sie wissen, wer sich ärgert über ein geschlossenes WC im Zug oder über ein Handyloch in den Bergen, der stimmt am 5. Juni vielleicht ohne den Initiativtext gelesen zu haben JA.

Ich bitte Sie, lesen Sie den Initiativ-Text vor dem Ausfüllen des Abstimmungszettels durch, und stimmen Sie am 5. Juni NEIN.

Argumentarium NEIN zur Service-public-Initiative

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