Für unsere AHV – gegen einen neuen Feudalismus

Von Jacqueline Badran, Nationalrätin ZH – Die Erbschaftssteuer ist ebenso liberal wie legitim. Chancengleichheit gehört zu den Grundzügen der bürgerlichen Gesellschaft, sie unterscheidet uns vor der feudalen Standesgesellschaft, wo aristokratische Erben Macht und Reichtum unter sich aufteilten. Und mit der AHV dient die Erbschaftssteuer erst noch einem guten Zweck. Mit 4 Milliarden für die AHV könnte man die Einkommen massiv entlasten.

Die Erbschaftssteuerinitiative stellt der Bevölkerung im Wesentlichen zwei Fragen.

Was für eine Gesellschaft wollen wir sein?

Eigentlich haben wir diese Frage als bürgerlich-liberal verfasste Gesellschaft schon beantwortet: Das Glück der Geburt soll kompensiert werden. Denn unsere Vorfahren haben gekämpft für Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit, für den Zugang zu Gütern und Ämtern für alle und nicht nur für aristokratische Erben; für die Chancengleichheit in einer Gesellschaft, wo der Beitrag, den man leistet, zählt und nicht die Herkunft. Das ist der Kern der Gleichheit.

Der Liberalismus, wie auch die Sozialdemokratie, ist der Überzeugung, dass das Glück der Geburt – wie zum Beispiel körperlich unversehrt geboren zu sein – sozialpflichtig ist und kompensiert werden muss, denn die Fähigkeit zur Tüchtigkeit in unserer Leistungsgesellschaft ist je Mensch von Geburt an unterschiedlich. Das ist der Kern der Chancengleichheit und der Solidarität, das ist gemeint mit «Brüderlichkeit».

Angesichts der extremen Vermögens- und Machkonzentration in der Schweiz ist die oben gestellte Frage mehr als legitim. Die Hälfte der Vermögen konzentriert sich in den Händen von 2 Prozent der Steuerpflichtigen, die also gleich viel besitzen, wie alle anderen 98 Prozent zusammen. Das erinnert an die feudalen Zeiten vor der bürgerlichen Revolution. Deshalb ist es unsere Pflicht «Ja» zur einer massvollen Erbschaftssteuer zu sagen, die diesen systemfremden, inakzeptablen und volkswirtschaftlich schädlichen Zustand leicht korrigiert.

Wie soll die AHV künftig finanziert werden?

Aufgrund der demografischen Entwicklung werden künftig immer weniger Junge immer mehr Ältere finanzieren müssen. Wollen wir die AHV künftig weiterhin über steigende Lohnabgaben oder über höhere Mehrwertsteuern von der aktiven Generation der Arbeitnehmenden finanzieren lassen oder gar über Rentenalter-Erhöhungen bezahlen? Oder brauchen wir eine ergänzende Finanzierungsquelle? Soll eine Erbschaftssteuer einen Beitrag an die AHV leisten?

Die Erbschaftssteuer würde jährlich rund 4 Milliarden Franken unserer AHV einbringen und bei einem Freibetrag von 4 Millionen Franken pro Familie höchstens 2 Prozent der Bevölkerungen belasten. Das entspricht gut einem Lohnprozent,  gut einem Mehrwertsteuerprozent oder 1,5 Jahre länger arbeiten. Ein klares Ja zur Erbschaftssteuerreform bedeutet ein Ja zur massiven Entlastung aller Einkommen.

Ist man für alle statt für wenige kann die Antwort auf diese beiden Fragen nur ein klipp und klares «Ja» sein!

Oder wie sagte es Gottfried Keller – unser bürgerlich-liberaler Dichter 1860 in seinem Roman «Das Fähnlein der Sieben Aufrechten» so schön:

«Es wird eine Zeit kommen, wo in unserem Lande, wie anderwärts, sich grosse Massen Geldes zusammenhängen, ohne auf tüchtige Weise erarbeitet und erspart worden zu sein; dann wird es gelten, dem Teufel die Zähne zu weisen; dann wird es sich zeigen, ob der Faden und die Farbe gut sind an unserem Fahnentuch!»

Diese Zeit ist nun gekommen.

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