Nationalrat Hans-Jürg Fehr über die Nationalratsdebatte zum Asylgesetz.- Es war wie wenn eine Horde junger Männer auf ein wehrlos am Boden liegendes Opfer tritt, um ihm ein für alle Mal den Tarif durchzugeben. Gnadenlos wurde auf eine kleine Minderheit eingedroschen, die nur ein halbes Prozent unserer Bevölkerung ausmacht und dem Land deutlich weniger gravierende Probleme verursacht als die noch viel kleinere Gruppe der hochbezahlten Grossbank-Manager. Es war diese Unbarmherzigkeit, die mich am meisten störte, diese unmenschliche Härte, die keine Sekunde gestört wurde von irgendwelchen christlichen Eingebungen. Dabei sind es exakt die gleichen Leute aus SVP, FDP, EVP und CVP, die in ihren Sonntagsreden gerne die christliche Tradition der Schweiz herausstreichen und sich vor Stolz aufblähen, wenn sie an den Gründer des Roten Kreuzes erinnern. Als ob Henri Dunant der sinnlosen und wirkungslosen Verschärfung des Asylgesetzes zugestimmt hätte. Und ich würde einmal vermuten, dass der vielbeschworene Religionsgründer Jesus Christus ein flammendes Votum gegen die beantragten und teilweise auch beschlossenen Verschlimmerungen gehalten hätte. Darauf lassen jedenfalls die für einmal überaus klaren Stellungnahmen der Schweizer Kirchenoberen aller Konfessionen schliessen.
Die beschlossene Verschärfung des Asylgesetzes wird kein einziges Problem lösen. Was soll zum Beispiel besser werden, wenn man jemandem pro Tag nur noch 8.50 Franken statt 11.50 Franken aushändigt? Das wirkliche Problem im schweizerischen Asylbereich ist die viel zu lange Dauer eines Verfahrens vom Moment der Gesuchstellung bis zum definitiven Entscheid. Das ist für gar niemanden von Vorteil, nicht einmal für die Asylsuchenden selber. Die Gesetzesrevision löst aber genau dieses Problem nicht. Dabei wüsste man, wie die Verfahren massiv verkürzt werden könnten ohne den Asylsuchenden ihre Rechtsmittel wegnehmen zu müssen. Holland liefert dafür das in der Praxis erprobte Beispiel. Die nationalistische und ausländerfeindliche Rechte will aber diese Probleme gar nicht lösen, weil sie davon lebt, dass es sie gibt. Dass sie die bürgerliche Mitte in dieser unrühmlichen Rolle noch übertreffen wollte und sich brüstete, die schlimmsten Anträge selbst eingebracht zu haben, ist eine Schande für diese Parteien.
Neun von zehn Asylsuchenden werden nicht als Flüchtlinge im Sinne des Völkerrechts anerkannt und müssen die Schweiz wieder verlassen. Die meisten tun es auch, wenige leisten Widerstand, einige tauchen unter. Eine kleine Minderheit in der Minderheit verhält sich während des Verfahrens auffällig, renitent, allenfalls kriminell. Das geltende Recht inklusive Strafrecht gibt den Behörden heute schon die notwendigen Mittel in die Hand, um durchgreifen zu können. Dafür braucht es keine nutzlosen Kollektivstrafen, die in erster Linie die Unbescholtenen treffen.
Nationalrat Hans-Jürg Fehr