Kampf gegen Windmühlen

Kommentar von Luca Tissi, Sekretär der SP/AL Kantonsratsfraktion SH

Was niemand für möglich gehalten hat ist eingetreten. Seit dem verheerenden Beben im letzten  März, kämpft Japan gegen die unsichtbare Gefahr der Strahlung. Ein Kampf gegen Windmühlen. Das Atomkraftwerk Fukushima, welches seit dem Beben stark beschädigt ist, leckt. Die atomare Katastrophe ist Fakt. Die Folgen sind nicht absehbar. Verzweifelt wird versucht Schadensbegrenzung zu betreiben, seit Wochen. Was die japanische Die Zukunft ist erneuerbar

Bevölkerung in Zukunft erwarten wird, bleibt offen. Täglich treffen neue Schreckensmeldungen und Prognosen aus der Krisenregion ein. Dieser Fall zeigt, 25 Jahre nach Tschernobyl, bewahrheitet sich der alte Slogan der Kernkraftgegner, sicher ist nur das Risiko. Während in Japan versucht wird den totalen Super Gau zu verhindern, erschüttert Europa ein politisches Erdbeben. Die Diskussion über die Zukunft der Atomenergie steht zuoberst auf der politischen Agenda. Klar, auch die Menschen hier in Europa sind betroffen angesichts der Katstrophe in Japan und hinterfragen die hiesige Nutzung der Atomenergie. Für politische Parteien stellt sich nun die Frage der Glaubwürdigkeit. Wie die letzten Landtagswahlen in Deutschland zeigten, erhalten traditionell atomkritische Parteien einen starken Wählerzulauf. Die CDU Regierung setzt nun auf kurzfristige Beschwichtigung mittels eines fragwürdigen Moratoriums für Atomkraftwerke. Selbst die deutsche FDP präsentiert sich nun als Atomstromkritiker und fordert einen Ausbau der erneuerbaren Energien, zumindest vorübergehend. Auch in der Schweiz ist dieser Trend klar zu beobachten. Das Bundesamt für Energie teilte wenige Tage nach der Katastrophe in Japan mit, dass die geplante Volksabstimmung über neue Atomkraftwerke auf unbestimmte Zeit verschoben wird. Die Gesuche für neue AKWs sind sistiert. Momentan sei mit einer zu grossen Ablehnung in der Bevölkerung zu rechnen, so das BfE. Man setzt offenbar weiter auf Atomstrom, möchte aber jetzt erst etwas Gras über die Sache wachsen lassen. Auch aus bürgerlichen Kreisen wird Kritik am Atomstrom lauter. Die sonst so traditionellen Verfechter dieser Technik, fürchten wohl auch Wähleranteile zu verlieren. Zu recht, wie die letzten Wahlresultate in den Kantonen Zürich und Luzern klar zeigen. Ratlosigkeit herrscht und Erklärungsversuche seitens bürgerlicher Parteien folgen Schlag auf Schlag. Dass Atomenergie wie aktuell verlautet, selbst für die FDP Schweiz, stets nur eine Brückentechnologie darstelle, überrascht doch sehr. Wurde in der Vergangenheit die Atomenergie als sinnvolle Energieform gepriesen und Pläne für neue AKWs fanden eine breite Unterstützung. Da präsentiert sich die FDP plötzlich kompromissbereiter als früher. Die momentane Erfolgswelle der Grünliberalen trägt wohl ihr Weiteres zu diesem Sinneswandel innerhalb der FDP bei.  Doch nicht nur die bürgerlichen Parteien zittern wie Espenlaub, auch die hiesigen grossen Stromkonzerne sind beunruhigt. Befürchten sie doch, ihre politischen Verbündeten im Bundeshaus und in den kantonalen Parlamenten zu verlieren. Alleine mit Lobbyismus ist dabei nicht mehr viel zu machen, dachte zumindest der Energiekonzern Alpiq Schweiz, unter anderem Hauptbeteiligter an den AKWs Gösgen und Leibstadt. Wie vor wenigen Tagen bekannt wurde, wird dieser in Zukunft bürgerliche Parteien finanziell unterstützen. Über die Höhe der Zuwendungen ist nichts bekannt. Es werden wohl auch andere Energieproduzenten mit finanziellen Mitteln die nun schwankenden bürgerlichen Parteien zur Beruhigung mahnen, und deren Kassen für die kommenden Wahlen mit Mitteln füllen. Demokratie sieht anders aus.

Auch diverse Vereinigungen welche der Atomindustrie nahestehen sind momentan zurückhaltend. Das Forum Vera (Verantwortung für die Entsorgung radioaktiver Abfälle) etwa erwähnt die aktuelle Situation in Japan auf ihrer Internetseite mit keinem Wort. Das Forum Vera, welches von der Nagra finanziert wird, versucht sich in den betroffenen Standortregionen für allfällige Tiefenlager in der Bevölkerung zu verankern und sich als Stimme der Vernunft zu geben. Kritiklos wird der von Bund vorgegebene Ablauf als die beste Lösung für uns alle gepriesen und Alternativen gar nicht erst im Betracht gezogen. Eine pseudo Vereinigung die weder unabhängig noch konstruktiv am Geschehen teilnimmt, sondern nur einen angeblichen volksnahen Charakter der Atomindustrie vermitteln will. Im Vorstand sitzt im Übrigen Christian Heydecker, Schaffhauser Kantonsratspräsident und FDP Ständeratskandidat. Ein weiteres Beispiel die Vereinigung mit dem vielversprechenden Namen Aktion für vernünftige Energiepolitik Schweiz (AVES). Auf ihrer Internetseite (www.aves.ch) rufen sie dazu auf, dass in die aktuellen Debatte über Atomenergie und über die Lage in Japan wieder Sachlichkeit einkehren muss. Auch hier versucht man die Wogen zu glätten und als Stimme der Vernunft zu walten. Das ist die Strategie auf Zeit. Die ewig Gestrigen von AVES erläutern in ihren Zielen immer noch die Atomenergie voll auszuschöpfen zu wollen und sprechen sogar davon, dass der Ausstieg aus der Atomenergie keine umweltfreundliche Option sei. Sämtliche Schaffhauser Bundesparlamentarier, mit Ausnahme von SP Nationalrat Hans-Jürg Fehr, sind Mittglieder von AVES.

 

Die Schweiz besitzt jedoch alle Voraussetzungen, um sich in Zukunft ganz aus erneuerbaren Energien zu versorgen. Allein zur Stromerzeugung betragen die einfach erschliessbaren Potentiale bis 2030 ohne die Umwelt zu gefährden über 90‘000 GWh oder das Drei‐ bis Vierfache der bisherigen Stromerzeugung aus Atomkraftwerken. (Studie; Schweiz erneuerbar/A new clean deal. Dr. Rudolf Rechsteiner www.rechsteiner-basel.ch). Die Umstellung auf erneuerbare Energien ist eine der grössten Geschäftsgelegenheiten seit Erfindung der Dampfmaschine. Die technischen Voraussetzungen für eine sichere, dauerhafte und kostengünstige Energieversorgung sind gegeben. Zehntausende neuer Firmen engagieren sich heute beim Aufbau einer neuen, sauberen, dezentraleren Energiewirtschaft, die ganz auf erneuerbare Ressourcen setzt. Im Kanton Schaffhausen ist die EKS AG für die Stromverteilung verantwortlich. Die EKS bezieht ihren Strom hauptsächlich von der AXPO. Dies schlägt sich im aktuellen Strommix in unserem Kanton nieder. Rund 80% des hier verbrauchten Stroms stammt aus Atomkraftwerken. Keine Glanzleistung angesichts der rasanten Entwicklungen der letzten Jahre im Bereich der erneuerbaren Energien. Dies zeugt weder von Innovation noch von Geschäftssinn. Die AXPO setzt hauptsächlich weiterhin auf Atomstrom. Die Vertreter der Eignerkantone der AXPO, in unserem Fall Regierungsrat Reto Dubach, lassen klare Vorgaben und Konzepte für ein Umdenken und eine gezielte Förderung der erneuerbaren Energien seitens der AXPO vermissen. Verschiedenste politische Vorstösse aus der SP/AL Kantonsratsfraktion in den letzten Jahren stiessen im Bereich erneuerbare Energien und Energieeffizienz auf taube Ohren. Seit 2008 sind insgesamt 11 Vorstösse zur Förderung erneuerbaren Energien beim Kantonsrat eingereicht worden. Rund sieben davon stammen aus der SP/AL Fraktion. Darunter das vielversprechende Postulat von Martina Munz ,,Aktive Förderung der erneuerbaren Energien durch die EKS AG,, oder das Postulat von Hans-Jürg Fehr welches ein Solarkraftwerk auf dem Güterbahnhof vorschlug und jenes welches ein Konjunkturstützprogramm im Bereich von Sanierung öffentlicher Bauten und Verbesserung der Energieeffizienz von privaten Gebäuden forderte. Diese Vorstösse wurden im Rat von der bürgerlichen Mehrheit versenkt. Dennoch sind grosse Erfolge zu verzeichnen. So eine Motion von Hans-Jürg Fehr welches die Regierung verpflichtet, mit allen rechtlichen und

politischen Mitteln darauf hinzuwirken, dass auf Kantonsgebiet und auf dem Gebiet, das im

Abstand von 30 Kilometern zur Kantonsgrenze liegt, keine Lagerstätten für radioaktive

Abfälle errichtet und keine vorbereitende Handlungen vorgenommen werden. Zum Schluss natürlich das Postulat von Thomas Wetter welches einen Ausstieg des Kanton Schaffhausen aus der Atomenergie bis 2040 fordert. Mit 36:17 überwies der Rat dieses zukunftsweisende Postulat. Die Resultate der Studie werden nun mit Hochspannung erwartet. Der erste Schritt in die Zukunft für unseren Kanton ist getan. Dabei geht es nicht darum politische Erfolge zu erzielen, oder Wähleranteile zu gewinnen, sondern um eine grundlegende Veränderung unserer Energiewirtschaft auf der Basis von sicheren, und profitablen regenerativen Energien herbeizuführen, welche zudem die regionale Wertschöpfung massgeblich positiv beeinflussen wird. Es liegt auf der Hand, dass Atomenergie nicht nur ein enormes Risiko birgt sonder in Anbetracht der externen Kosten wie dem Unfallrisiko, der Urangewinnung, der Brennstoffherstellung, dem Betrieb und Wiederaufbereitung, Stilllegung und Demontage der Kraftwerke sowie der Endlagerung sich wirtschaftlich schlicht nicht rendiert. Darin sind sich mittlerweile selbst die meisten Ökonomen einig.  Die letzten Ereignisse in Japan sollten uns zu denken geben. Wie die Katastrophe von Fukushima zeigt, weisen Risikoanalysen und Wahrscheinlichkeitsrechnungen grosse Lücken auf. Auch jene Risikobetrachtungen unser eigener Behörden. Es ist nie möglich das Risiko und die Folgen einer nuklearen Katastrophe realistisch einzuschätzen. Die SP/AL Fraktion wird deshalb weiterhin ihre Führungsrolle in der Schaffhauser Energiepolitik wahrnehmen und sich für erneuerbare Energien einsetzen sowie für den Ausstieg aus der Atomenergie stark machen. Sie wird ebenfalls geschlossen gegen ein Endlager im Südranden eintreten. Ganz im Gegensatz zu den bürgerlichen Windfahnenparteien bleibt sich die SP/AL Fraktion in diesem Punkt treu, und wird in der Energiepolitik ihre Linie konsequent weiterführen. Mit oder ohne bürgerlicher Unterstützung.

Luca Tissi, Sekretär der SP/AL Kantonsratsfraktion SH

 

 

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